Weightlifter celebrating after a world record on the platform.

Geschichte des Olympischen Gewichthebens

Rodney Corn·5 Min Lesedauer·Tradition

Vom Showheben schwerer Gegenstände mit allen Mitteln zum technisch anspruchsvollsten Spitzensport der Welt.

Die moderne Form des Gewichthebens hat ihre Wurzeln in der Antike: In den Kulturen Griechenlands, Ägyptens, Palästinas und Asiens wurden Steine gehoben, um Kraft zu demonstrieren.

Ein Beleg dafür findet sich im Grab des ägyptischen Prinzen Baghti, das auf etwa 2040 v. Chr. datiert wird (Stone et al., 2006). In einem Text aus dem späten 4. Jahrhundert wird zudem der Kirchenvater Hieronymus zitiert, bekannt für die Übersetzung der Bibel ins Lateinische. Er beschreibt:

„In den Städten Palästinas gibt es einen alten Brauch, der sich bis heute in jüdischen Gebieten erhalten hat: Junge Männer trainieren mit runden Steinen. Je nach Kraft wird der Stein bis zum Knie, zur Hüfte oder bis zur Schulter bzw. zum Kopf gehoben. Das Überkopfheben stärkt ihre Arme, damit sie ihre außergewöhnliche Kraft zeigen können.“ (Stojiljkovic et al., 2013)

Genau dieses Heben – auf Hüft-, Schulter- oder Überkopfhöhe – ist heute das Kernstück des Olympischen Gewichthebens.

Im 19. Jahrhundert gewann Gewichtheben in Europa an Popularität, besonders in Österreich und Deutschland entstanden zahlreiche Clubs für Gewichtheben und Strength-Training (Stone et al., 2006). Gegen Ende des Jahrhunderts etablierte sich das „Lifting“ als Trainingsform, aus der die sogenannten „Kraftmenschen“ hervorgingen – berühmte Zirkusartisten, die mit ein- und beidhändigen Hebetechniken auftraten und damit die Basis für die heutigen olympischen Hebetechniken legten (Stojiljkovic et al., 2013).

1891 fanden in London die ersten Weltmeisterschaften im Gewichtheben statt (Stone et al., 2006). Nur fünf Jahre später wurde Gewichtheben Teil der Olympischen Spiele (Stojiljkovic et al., 2013) – allerdings in einer noch völlig anderen Form. Damals waren sowohl die Ausrüstung als auch die Hebetechniken weniger standardisiert. Es wurden verschiedene ein- und beidhändige Hebungen zugelassen, solange das Gewicht bewegt wurde.

Nach einem weiteren olympischen Auftritt im Jahr 1904 entstand 1905 der internationale Gewichtheberverband, der 1914 vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) anerkannt wurde (Stone et al., 2006). 1920 wurde Gewichtheben offiziell zur olympischen Disziplin.

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Ab den Spielen 1928 wurden die Hebungen auf drei standardisierte beidhändige Lifts reduziert: den Snatch, den Clean and Jerk und den Clean and Press. Besonders in den USA entwickelte sich das Gewichtheben rasant – zwischen 1930 und 1960 gehörten amerikanische Athlet*innen zur Weltspitze (Stone et al., 2006).

Ein dauerhaftes Problem dieser Zeit war jedoch die Belastung der Hantelstangen. Unter dem Gewicht und dem ständigen Fallenlassen litten die Bars, gingen häufig kaputt – was sowohl die Leistung als auch die Sicherheit gefährdete.

1957 begann das schwedische Unternehmen Eleiko, damals noch Hersteller von Haushaltsgeräten, mit der Fertigung von Gewichtheberstangen aus schwedischem Qualitätsstahl. 1963 wurden diese Bars bei den Weltmeisterschaften in Stockholm eingesetzt – mit durchschlagendem Erfolg: Zum ersten Mal überstand eine Hantelstange eine komplette Meisterschaft ohne Schäden.

1967 folgte eine weitere Innovation: Eleiko entwickelte die Bumper Plates – basierend auf der Idee ihres Werkstattleiters, Fahrradreifen um die damaligen Stahlplatten zu wickeln. Ergänzt wurde die Technik durch Nadellager, die der Bar eine deutlich effizientere Rotation verliehen – ein entscheidender Faktor für die Sicherheit und Präzision der Lifts.

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Das Equipment wurde besser – und der Sport präziser. 1972 wurde schließlich der Clean and Press aus dem Programm genommen, da er sich nur schwer fair bewerten ließ. Seitdem bilden Snatch und Clean and Jerk die beiden offiziellen olympischen Lifts.

In den 1980er-Jahren begann das Gewichtheben auch unter Frauen an Bedeutung zu gewinnen, insbesondere in den USA und China. 1987 fanden erstmals Weltmeisterschaften für Frauen statt – und seit 2000 ist Frauen-Gewichtheben Teil der Olympischen Spiele (Stone et al., 2006).

Leistungssportlich erfolgreiche Gewichtheber*innen – egal ob männlich oder weiblich – weisen häufig ähnliche physische Merkmale auf: kurze Gliedmaßen, längerer Rumpf, hohe Muskelmasse bei gleichzeitig niedrigem Körperfettanteil. Diese Eigenschaften begünstigen Hebetechniken durch mehr Kraftübertragung und bessere Hebelverhältnisse (Stone et al., 2006).

Das Olympische Gewichtheben blickt auf eine lange, facettenreiche Geschichte zurück. Aus einer Demonstration roher Kraft wurde eine der technisch anspruchsvollsten Sportarten der Welt. Heute zählt Gewichtheben zu den effektivsten Trainingsformen – sowohl zur sportlichen Leistungssteigerung als auch zur allgemeinen Fitness im Alltag.

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Quellen

Stojiljković, N., Ignjatović, A., Savić, Z., Marković, Ž., & Milanović, S.M. (2013). HISTORY OF RESISTANCE TRAINING (Professional paper).

Stone, M. H., Pierce, K. C., Sands, W. A., & Stone, M. E. (2006). Weightlifting: A Brief Overview. Strength and Conditioning Journal, 28(1), 50. https://doi.org/10.1519/1533-4295(2006)28[50:wabo]2.0.co;2

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